Dieser Beitrag fokussiert sich auf mögliche zukünftige Veränderungen und deren Vor- und Nachteil am Seminar. Angesprochen wird „Papier vs. Tablet“, das Potenzial von Video-Calls und Virtual Reality und die immerwährenden Bücher an der Universität.
«Wie wird das Studium 2030 aussehen? Wie sollte es aussehen? Was sind die Chancen, was die Risiken?» In diesem Semester habe ich mich jede Woche mit diesen Fragen im freien Tutorat auseinandergesetzt. Für diesen Input möchte ich mich auf das Thema der Digitalisierung fokussieren. Mit Digitalisierung meine ich grob den Wandel von analog zu digital in Feldern wie Bibliotheken und Archive, in der Arbeitswelt oder bei Kommunikationsmittel. Ich versuche die oben genannten Fragen im Hinblick auf mein Verständnis und meine Vorstellungen, was Digitalisierung beinhaltet, an ein paar Beispiel aufzuzeigen.
Es war in den letzten Jahren ein leichter Trend zu beobachten, wie immer mehr Studierende statt mit einem Computer im Seminarraum sassen, einen viel kleineres Tablet mitgebracht und mit einem Stift auf dem Bildschirm geschrieben haben. Diese kleine Rückkehr des Stifts kam für mich überraschend. Ich haben mir vorgestellt, dass wir alle den Stift mit dem Papierblock nicht mehr benutzen werden. Trotzdem gibt es kaum mehr Vorlesungsräume ohne Steckdosen und keine Veranstaltung, ohne dass man das Klicken von Tasten hört. Deswegen möchte ich die Position vertreten, dass die Trends der Digitalisierung an der Uni in ganz unterschiedliche Richtungen gehen werden: stetig immer mehr Digitales in unserem Alltag aber auch wieder «back to the drawing board».
Die Pandemie hätte gemäss unterschiedlichen News-Kanälen einen grossen Schub in der Digitalisierung mitgebracht. Ich könnte mir vorstellen, dass sich dies eher horizontal als vertikal entwickelt hat. Ich möchte damit aussagen, dass der Wechsel auf digitale Formate für einige Personen während der Pandemie geschehen ist. Aber eine Steigerung in Funktionsmöglichkeiten zum Beispiel bei Video-Anrufen, war selten zu beobachten. Damit meine ich nicht, dass Firmen wie ‘Zoom Video Communications’ Emojis und Filter gemacht haben. Es sind bei Zoom keine grossen Veränderungen im Bereich von Video-Anrufen geschehen. Vielleicht haben sie die Strategie verfolgt, eine verlässliche und stetig einfach anwendbare Kommunikationsart zu sein. Aber ich würde genau in Video-Calls viel mehr Potenzial sehen, das man ausschöpfen könnte. Wie würde sich die Lehre verändern, wenn man online in einem dreidimensionalen Raum sein und dabei sich selbst herumbewegen könnte? Wäre das nicht auflockern und würde vielleicht mehr Dynamik in einen Video-Call hineinbringen?
Virtual Realities könnte ich mir definit vorstellen, als ein zentrales Element für die Lehre im Jahre 2030. Um als Beispiel verschiedene VR Plattformen zu zeigen, kann ich eine Auflistung auf der Webseite von XR4WORK empfehlen (Link). Vielleicht hat sich auch die Universität bis 2030 überlegt, ob andere Plattformen noch unterhaltsamere Unterrichtsarte bieten könnten.
Obschon Virtual Reality mir gut gefällt als Chance für die Lehre 2030, wird der Wunsch nach nicht-virtuellem Kontakt mit den Mitmenschen bleiben. Es scheint Paradox, dass wir eigentlich so verbunden sind wie noch nie, denn man kann in kürzester Zeit so viele Leute erreichen, doch löst es bei vielen ein stärkeres Gefühl von Einsamkeit aus. Es gehört auch hier bemerkt, dass bei den Aussagen wie «wir haben alle in der Pandemie vom Computer im Homeoffice gearbeitet» nur ein Teil der Menschen angesprochen wird. Viele Personen haben keine Jobs, die sich in einem Laptop mitnehmen lassen. Diese Aussage hat auch etwas Klassistisches an sich. Ich würde dabei auch das Risiko sehen, dass die Bildungsgerechtigkeit dadurch abnehmen würde, was es auf jeden Fall zu verhindern gilt. Bestimmt hatten viele Familien in der Schweiz nicht für jedes ihrer Kinder einen Computer Zuhause, den sie ungestört in einem eigenen Zimmer benutzen konnten.
Ein letzter Gedanken, den ich einbringen möchte, ist, dass die Bibliothek der Universität in ihren Kursen über Informations-, Daten- und Medienkompetenz oft erklären, dass man hauptsächlich nur die Bibliotheken und die Archive vor Ort benutzt, aber nie wirklich all ihre online Angebote. Dies scheint doch auch nicht mit den oft genannten Vorstellungen über eine mehr und mehr digitalisierter Alltag übereinzustimmen? Irgendwas ist anders, wenn man mit einem Buch lernt als nur mit einem so einfach löschbarem Text auf dem Computer Bildschirm. Trotz Digitalisierung sehe ich immer auch Bücher in meiner Vorstellung vom Studieren am Seminar 2030. Ein Ort, wo man sich neues Wissen aneignet, ist nach wie vor für mich stark mit Bücher verbunden. Das hat auch fest etwas von einem ‘Kanon’ von Forschenden oder einer Wissenstradition. Dieses Gefühl kann man auch nicht mit Virtual Reality ersetzen.
